Donnerstag, 26. April 2012

05.Johnny, wir müssen reden


Der wunderbare Song Mr. E's Beautiful Blues riss mich heute morgen aus dem Schlaf. Ich musste mich kurz orientieren, 
um zu bemerken, dass es mein Mobiltelefon war, das die Eels abspielte. Ich schaute auf meine Armbanduhr die neben mir auf dem Bett lag.Es war sechzehn Uhr, mein bisheriger Rekord im Tag verschlafen.
Ich schaute auf mein Telefon, um zu sehen wer dafür verantwortlich war, dass ich überhaupt aufwachte. Ich musste feststellen das ein Blues von Howlin' Wolf um einiges besser zur Situation gepasst hätte. Es war Marla. Was hatte sie sich dieses Mal für mich ausgedacht? "Johnny, wir müssen reden", sagte sie, nachdem ich mich mit einem gebrechlichem "Ja?" gemeldet hatte.
Ein weiterer Schlag ins Gesicht. Obwohl mein rechtes Auge noch immer etwas schmerzte, durch den Schlag vom Tag zuvor. Worüber wollte sie schon mit mir reden, wenn sie es so ausdrücklich sagte. Wohl kaum über das Wetter. Sie hätte auch gleich sagen können, dass sie Schluss machen möchte. "Schluss machen", das hört sich so schmerzhaft endgültig an, als würde dabei jemand getötet werden. In diesem verträumten Moment hatte ich das Gefühl, ich würde derjenige sein.
Marla mochte es eindeutig besonders dramatisch. Deshalb  bestand sie darauf mir
nichts näheres zu erläutern, solange wir uns nicht Auge um blaues Auge gegenüberstanden. Sie hing anscheinend wieder mit ihren Hipsterfreunden am Bahnhof ab. Ich verliess meine Wohnung, verschlafen, mit aufgequollenem Gesicht und war bereit hinzunehmen, was auch immer kommen sollte.
Ich wollte es einfach hinter mich bringen. Ich wollte "sie" hinter mich bringen.
Auf dem Weg zu unserem Treffpunkt wandte sich mein Verstand von jedem Gedanken an Marla ab, der in meinen Kopf aufstieg. Ich versuchte also nicht zu denken. Sie war mir von Grund auf überlegen in ihrer ganzen geistigen Kälte. Verdammt! So viel zum nicht denken.
Doch ich versuchte ihr wenigstens in emotionaler Ausdrucksweise in nichts nachzustehen. Die letzten Wochen mit ihr hatten meine äußerlich sichtbaren Emotionen funktionsunfähig gemacht, so dachte ich. Und trotzdem hatte ich, ohne den Grund zu kennen, ein schlechtes Gewissen. 
Als ich ihr entgegenkam, wartete sie, ging mir dann langsam entgegen, mit ernster Mine, als würde ich noch nicht wissen worum es geht. Sie sagte irgendwas von "Wir haben uns auseinander gelebt" und "Ich brauche eine Pause".
Eigentlich wollte ich nur noch Eines. Weg. Meine Emotionen waren, wie ich merkte, doch noch nicht völlig funktionsunfähig. Ich brachte ein Tschüss über meine Lippen, um nicht wie ein Kleinkind zu wirken, das beleidigt wegrennt. Als nächstes machte ich das einzig richtige in meiner Situation: Ich holte mir einen Kasten Bier und schloss mich in meinem Zimmer ein. Und jetzt, wo ich hier sitze, kann ich nur noch hoffen, dass ich Morgen aufwachen werde und der physische Schmerz meines Elektrolytmangels und Wassermangels den inneren Schmerz übertrumpft. 
Hoffentlich.

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