Montag, 2. April 2012

02.Lasst die Spiele beginnen


Ich habe Kopfschmerzen.
Ich habe zittrige Hände.
Ich habe das Gefühl, verrückt zu werden.
Meine Gedanken scheinen Karussell zu fahren und ich kann sie einfach nicht erfassen.
Vielleicht werde ich meinen Kopf gegen eine Wand schlagen, bis alle Gedanken verschwunden sind. Mit Ausnahme einer Frage:
"Ist das Blut was mir gerade die Stirn herunterläuft?"
Ja, vielleicht werde ich verrückt.
Ziemlich drastischer Anfang für meine Geschichte?
Man weiß doch, dass man mit etwas Krassem anfangen muss, sonst hört einem doch kein Schwein zu oder sollte ich schreiben: Johnny Gasser, geboren und aufgewachsen in Deutschland, Hamburg. Wohl kaum. Außerdem würde ich diese drastische Beschreibung, angesichts meiner jetzigen Situation, eher als angemessen und passend bezeichnen.
Verantwortlich für die gedankliche Karussellfahrt ist, wie in so vielen Geschichten, ein Mädchen.
Es beginnt also mit einem Mädchen, welches mich so verwirrt und krank macht, dass ich nicht mehr weiß, was ich tun soll.
Warum sonst sollte ich diesen Mist hier schreiben.
Ich spreche ganz sicher nicht von meiner "High School" Liebe.
Diese Liebe von denen die Rockbands immer zu singen.
Genau genommen gibt es in Deutschland, wie einige wahrscheinlich wissen, keine High Schools. Dieses Schulsystem existiert in Amerika. Doch durch die Musik, Filme und vielen anderen Kram, sind wir eigentlich alle ein Teil dieses Landes der unendlichen Paradoxen.
Daher würde es mich nicht wundern, wenn auch wir bald High Schools, Colleges, diese "Omega" und was weiß ich für Studentenverbindungen und das ganze verrückte Schubladenkategorienzeugs bei uns einführen. Ich denke es würde vieles, besonders die Jugend, einfacher machen. Bei uns jedenfalls gibt es noch die Grundschule, dann Haupt- Real- oder Gymnasialabschluss. Ich steuere auf Letzteres zu und bin in wenigen Monaten befreit. Befreit von diesen immer lauter werdenden Gerede, das man als Lehren von Bildung und Erziehung bezeichnet. Doch was nützt mir dieser ganze Mathe-, Biologie-, Deutschunterricht, wenn mir nicht beigebracht wird, wie ich im Leben bestehe, wie ich es den Menschen recht machen kann? Wie ich es  meinen Freunden, meiner Familie, meiner Freundin recht machen kann? Auch den Menschen die ich gar nicht kenne. Vor denen ich genau so Angst habe, nicht gemocht zu werden, wie von meinen Freunden. Wie soll ich es Allen recht machen und dann auch noch mir selbst recht machen? Darüber höre ich nichts in der Schule! So etwas frage ich mich jetzt und weiß nicht, wie ich es vorher geschafft habe überhaupt zu leben, zu überleben.
Die Probleme Anderer scheinen unendlich zu sein und ich schaffe es nicht einmal eines davon zu lösen.
Diese Erkenntnis kam mir gestern, als ich bei meiner Freundin Marla war.
Marla ist das besagte Mädchen, von dem ich eben sprach. Sie ist meine "feste" Freundin. Seit dem ich sie kenne, auch schon lange bevor wir eine intime Beziehung führten, erzählt sie mir von ihren familiären Problemen. Sie erzählte von häuslicher Gewalt und von negativen, besorgniserregendem
Gedankengut, welches daher rührte. So unglaublich sich das anhören mag. Unglaublich für einen, der nie ernsthafte Probleme mit seinen Eltern hatte. Vielleicht wollte ich ihr deshalb helfen, ihr zeigen, dass nicht alles Schlecht ist im Leben und eine Qual. Über den Wahrheitsgehalt ihrer intimen Bekenntnisse hatte ich nie nachgedacht. Die Probleme mit ihren Eltern und Familienangehörigen waren jedoch erst der Anfang. Sie verriet mir, oft ausgenutzt worden zu sein und über andere schlechte Erfahrungen mit vergangene Liebschaften und Bekanntschaften. Marla schien es nicht gut zu gehen. In meinen Augen war sie ein nettes Mädchen, das durch falsche Wege geprägt war. Es ging ihr schon damals nicht gut, weshalb ich es mir zur Aufgabe machte, möglichst fürsorglich und umgänglich, gerade zu einfach, zu sein, damit sie nicht noch mehr Probleme hatte. Doch es hatte sich bis an den heutigen Tage nichts geändert. Ich hörte mir immer alles an, was sie zu sagen hatte und ließ meinen emotionalen Zustand außen vor. Wenn sie wütend war, ließ ich es über mich ergehen. Sie hatte mich sogar betrogen, da war meine Toleranzgrenze erreicht, aber nicht überschritten. Ich ließ auch das über mich ergehen. Ich bin ein scheiß Angsthase!
Wozu brauchte man einen Typen der zuhört? Der alles mit sich machen lässt? Lösen sich dadurch Probleme oder ändert es die Sichtweise eines Menschen?! Nein, anscheinend nicht! Ich war also nutzlos. Gestern war ich bei Marla und es ergab sich die übliche Prozedur. Ich klingele an der Haustür, es herrscht eine aufgewühlte, unangenehme Stimmung. Ich frage mich, was ich hier tue? Ob es auch nur einen Nutzen hat, hier zu sein. Wir reden kurz über irgendetwas belangloses, alltägliches. Marla schaltet den Fernseher ein und wir lassen einen weiteren Abend beginnen. Wir legen uns zusammen in ihr Bett, sagen hin und wieder etwas zum Fernsehprogramm und regen uns darüber auf, worin wir ein wirklich gut eingespieltes Team sind. Später beginne ich mit einer Hand über ihren Bauch zu streichen, sie dreht sich zu mir um. Wir küssen uns.
Dann lieben wir uns, obwohl es in dieser Beziehung vielleicht eher als ficken bezeichnet werden sollte.
Wir lassen von einander ab. Dieser Teil des Abends wandelt sich schnell von Befriedigung in Unbehagen. Es beginnen erneut die Problemgespräche, die sich, wenn ich nach Hause gehe, immer negativ auf meine Stimmung auswirken und ich darüber nachdenken muss, besonders wenn es um irgendeinen alten Freund von ihr ging, der sie betrogen oder ausgenutzt hat und sie am Ende sagt, dass sie ihn vermisse. Es ist keine Freude. Doch ich liebe sie.
Gestern redete sie jedoch nicht über ihre Probleme. Es war viel schlimmer. Sie hätte doch wieder von einem ihrer Ex-Freunde erzählen können, wenn man diese so nennen möchte, die mit ihr irgendeinen Mist angestellt haben. Nein, es ging um das am Wochenende stattfindende Techno-Festival, zu dem sie gehen wollte. Mich wollte sie nicht dabei haben. Es wäre die falsche Szene für mich. Ich würde mich nicht wohlfühlen, weil dieser Typ und jener Typ da ist, mit dem sie was machen will. Aber ich solle mir keine Sorgen machen. Vielen Dank, das du so gütig zu mir bist Marla! Ich wollte nicht über die wahre Bedeutung dieser Sätze nachdenken. Mit einem hatte sie jedoch recht: Techno… Die Technoszene war in der Tat nicht mein Metier. Wie hatte es dieser Mist geschafft so beliebt zu werden. Die heutige Masse hat keinen Musikgeschmack mehr. Das behaupte ich.
Die Blütezeit der Musik waren die 60er und 70er Jahre. Die 80er haben mit der Disco den ersten Schritt zum Untergang der modernen Musik begonnen und nun kann man nur hoffen, dass dieser Scheiß, dieser degenerierte, monotone Fehltritt, fern von jeder musikalischen Kunst heutzutage, bloß eine Art Phase ist. Also nein, Marla, ich möchte nicht mit auf dein Techno-Fest gehen, mit deinen idiotischen Musikvergewaltigern. Danke der Nachfrage.
Doch schon jetzt wird sie sich dort befinden, mit diesen Typen. Bei lautesten Bässen und Endorphine ausschüttenden Drogen.
Es wird also Zeit sich irgendwo zu betrinken. Nutzlos. Sinnlos.

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